Traumberuf: Lotse
Jährlich passieren Tausende von Schiffen den Nord-Ostsee-Kanal, was Lotsen zu unverzichtbaren Führern für sichere Durchfahrten macht. Gerald Immens ist einer von ihnen. Er lebt seinen Traumberuf, der etwas anders ist als so manch anderer Job. Warum? Das verrät er hier.
Kiel-Marketing: Wie sieht der Arbeitsalltag eines Lotsen aus?
Gerald Immens: Der Beruf des Lotsen bringt von Anfang an eine der größten Herausforderungen mit sich, nämlich das Fehlen eines festen Arbeitsalltags. Vergleichbar ist dies mit dem Prinzip eines Taxistandes am Bahnhof. Unsere Lotsen befinden sich eigentlich ständig in Bereitschaft. Wenn viele Schiffe kommen, sind wir rund um die Uhr im Einsatz, wenn es ruhiger ist, verbringen wir längere Zeit zu Hause. Das bedeutet, dass die Einsatzzeiten pro Lotse stark variieren können. Wenn wir Hunderte von Schiffen zu betreuen haben, kann es bedeuten, dass ich nur einmal pro Tag dran bin. Wenn nur 50 Schiffe da sind, erleben wir ein Sommerloch und ich habe einen Tag Dienst und anschließend einen Tag frei. Daher kann es passieren, dass ich nach Hause komme und meiner Frau sage: „Ich lege mich schnell hin, denn ich werde bald wieder gebraucht.“ Das Problem in unserem Beruf ist, dass die Vorlaufzeit für den Einsatz extrem kurz sein kann.
Sie müssen also sehr flexibel sein.
Die Lotsenarbeit erfordert eine außerordentliche Flexibilität. Geduld und Ruhe sind dabei unerlässliche Begleiter, aber belohnen einen mit einem sehr erfüllenden Beruf. Was mir besonders an meinem Job gefällt, ist, dass ich nicht jeden Tag von acht bis 16 Uhr an einem Schreibtisch sitze und dass ich nie im Voraus weiß, was mich am Telefon erwartet oder wann ich zum Dienst gerufen werde. Jeder Tag ist ein Überraschungsmoment. Ich begegne verschiedenen Menschen aus verschiedenen Nationen, und genau das schätze ich an meiner Arbeit: die ständig wechselnden Situationen und die Vielfalt der Begegnungen.
Welches war das größte Schiff, das Sie schon mal begleitet haben?
Meine Oma, die über 100 geworden ist, hatte da immer eine besondere Sichtweise. Wenn sie von einem Kreuzfahrtschiff hörte, fragte sie neugierig: „Bist du darauf gewesen? War es schwer?“ Sie hat nie begriffen, dass es nicht auf die Größe ankommt. Die ältesten, gammeligsten Frachter sind schweißtreibend, die Kreuzfahrer meist weniger.